GUT INFORMIERT GRÜNDEN!
Der Tag der JUNGEN WIRTSCHAFT zählt zu den wichtigsten Info- und Netzwerkveranstaltungen für Jungunternehmer.Der trend hat mit Clemens Schmidgruber, Veranstalter und Obmann der Jungen Wirtschaft Wien, gesprochen und porträtiert vier junge Entrepreneure.Natürlich ist es nicht einfach, eine Abfuhr zu erteilen, wenn der Chef selber ausrückt und einen bittet, dem Verein beizutreten, dem er vorsteht. Kennt man sich dann auch noch aus alten Schultagen, käme eine Ablehnung gar noch einem Affront gleich. So gesehen hatte die Goldschmiedin Anna-Elisa Pejrimovsky (siehe rechts) nur eine Antwortmöglichkeit, als sie von Clemens Schmidgruber gefragt wurde, ob sie denn der Jungen Wirtschaft Wien beitreten wolle. Die Entscheidung bereut sie nicht, und ja, Schmidgruber, der seit 2020 Mitglied des Landesvorstands der Jungen Wirtschaft Wien und seit Anfang 2023 deren Obmann ist, rekrutiert schon einmal persönlich neue Mitglieder. Denn, so der 34-Jährige, der vor sieben Jahren das Wiener GOLDRICHTIG. „Handgefertigte Juwelen, die über Generationen halten“, lautet das Motto von Anna-Elisa Pejrimovsky. Eingekauft wird nachhaltig und ressourcenschonend.Manchmal sind Karrierewege vorbestimmt. Da kann man zwar kleinere Umwege machen, landet aber am Ende dann doch bei seiner Bestimmung. Wie Anna-Elisa Pejrimovsky. Die Jungunternehmerin ist Goldschmiedin mit eigenem Betrieb und in dieser Hinsicht erblich vorbelastet. „Meine Eltern sind auch Goldschmiede“, erzählt die 29-Jährige, die nach ihrer Matura am Wiener Schottengymnasium Physik inskribierte. Denn: „Wenn man schon studiert, dann sollte es etwas sein, was einen wirklich interessiert.“ Aber ihre handwerkliche Begabung und die Leidenschaft für Schmuck hatte sie in den Hörsälen permanent im Hinterkopf. Was also tun? „Parallel zum Studium ging ich in der Werkstatt meiner Eltern in die Lehre, absolvierte eine Ausbildung zur Gemmologin und machte schließlich die Meisterprüfung.“ Den Feinschliff holte sich Anna-Elisa Pejrimovsky dann in den Werkstätten anderer renommierter Goldschmiede.Seit nunmehr drei Jahren verwirklicht die Jungunternehmerin in ihrer Manufaktur in der Wiener Innenstadt ihre Vorstellungen der Goldschmiedekunst und kombiniert dabei auch einmal alte Handwerkstraditionen mit modernen Technik. Etwa wenn beim Entwerfenund Bearbeiten der Schmuckstücke der 3D-Drucker zum Einsatz kommt.Dass Anna-Elisa Pejrimovsky mitten in der Pandemie den Sprung in die Selbstständigkeit wagte, entpuppte sich übrigens als goldrichtige Entscheidung.„Während der Lockdowns räumten die Leute zu Hause auf. Nicht wenige fanden dabei alten Schmuck, den sie dann bei mir reparieren, aufpolieren oder überarbeiten ließen.“ Neben Überarbeitungen alter Schmuck stücke kreiert Anna-Elisa Pejrimovsky aber auch eigene Designs und erarbeitet mit ihren Kundinnen und Kunden ganze Schmuckstücke.„ Individuelle Anfertigungen machen den Großteil meiner Arbeit aus. Denn üblicherweise will jemand, der zum Goldschmied geht, am Ende etwas Einzigartiges haben.“ Und wer kommt so zu ihr in die Goldschmiedemanufaktur? „Ich schließe niemanden aus. Bei mir gibt es für jedes Budget etwas“, erzählt sie und ergänzt gleich den gemeinsamen Nenner ihrer Kundschaft: „Es sind Menschen, die Handwerk und Nachhaltigkeit schätzen, auf Qualität schauen und lieber ein Stück für immer besitzen als fünf Teile, die mit der Zeit kaputt gehen.“ www.goldschmiedemanufaktur.atStart-up Helferline gegründet hat, das Technik-Support für Privat- und Firmenkunden anbietet: „Mir ist wichtig, dass es bei der Jungen Wirtschaft einen guten Mix quer durch alle Branchen gibt.“ Zwischen 18 und 40 Jahre muss man alt sein, um Mitglied zu werden, braucht aber noch nicht zwingend dafür ein Unternehmen gegründet zu haben, um dem Netzwerk beizutreten. Was das bringen könnte, fasst Obmann Schmidgruber so zusammen: „Man kann kostenlos die Angebote der WKO nutzen und sich zum Beispiel bei der Suche nach dem richtigen Geschäftslokal, aber auch in Rechts- und Finanzfragen beraten lassen.“MASSNAHMENKATALOG. Natürlich hat die Junge Wirtschaft aber auch eine Agenda respektive zentrale Punkte, die man verficht. So wird etwa ein Beteiligungsfreibetrag für Business Angels und andere private Kapitalgeber von bis zu 100.000 Euro gefordert, der dann, gleichmäßig verteilt auf fünf Jahre, von den Investorinnen und Investoren abgeschrieben werden kann. „Auf diese Weise soll der Anreiz für private Kapitalgeber gesteigert werden, in österreichische KMU zu investieren“, präzisiert Schmidgruber die Idee hinter der Forderung. Ein anderer auch nicht unwichtiger Punkt der Jungen Wirtschaft: „Gründen soll schon ab 16 Jahren erlaubt sein.“ Aktuell muss man nämlich volljährig sein, um eine Firma aufzubauen, kann aber – mit entsprechender Cleverness – das System relativ leicht austricksen (siehe Kasten Seite 36).„Es ist nicht hinzunehmen, dass man in Österreich mit 16 wählen und Alkohol trinken, aber kein Unternehmen gründen darf “, so Schmidgruber, der aber eine kleine Bedingung an die eigene Forderung knüpft: „Die Talente müssen zeigen, dass sie es ernst meinen, und die Unternehmerprüfung absolvieren.“ L16 für Entrepreneure also. Zudem möchte man gerne eine neue und bessere Kultur des Scheiterns und eine positive Fehlerkultur etablieren, wie Schmidgruber betont: „Scheitern muss entstigmatisiert werden.Wir setzen uns dafür ein, dass man nach einer Insolvenz schneller wieder einen Neustart wagen darf.“NETZWERKEN. Aktuell sind gut 3.000 Betriebe Mitglied der Jungen Wirtschaft Wien. Luft nach oben und Potenzial sind aber noch ausreichend vorhanden, wie Schmidgruber anmerkt, denn:Es kommt nicht gerade häufig vor, dass 22-Jährige bereits fünf Jahre Erfahrung als Unternehmer haben. E dass 22-Jährige bereits fünf Jahre Erfahrung als Unternehmer haben.Severin Rath zählt zu dieser raren Spezies.Mit 17, damals noch HAK-Schüler, ging er zum ersten Mal unter die Gründer. „Ich machte ganz klassisch Webdesign“, erzählt er von seinen Anfängen. Dass man in Österreich volljährig sein muss, wenn man unternehmerische Verantwortung übernehmen will, ist zwar eine gesetzliche Hürde, aber Rath kommentiert diesen Umstand verschmitzt: „Es gibt Möglichkeiten, das zu umgehen.“ Aktuell hat der Wiener, der ganz klassisch an der WU Betriebswirtschaft studiert, zwei Unternehmen unter seinen Junggründerfittichen. Reeblr und datacircle, das er gemeinsam mit dem Hidasi Zsombor Benedek (21) führt. BeiReeblr tritt er als Berater auf und erklärt anhand von Daten Unternehmen und politischen Parteien, wie sie die ominöse Gen Z erreichen. Mit datacircle, das erst vor ein paar Monaten aus der Taufe gehoben wurde, wird ganz klassisch Marktforschung betrieben. „Hier liegt derzeit auch mein unternehmerischer Schwerpunkt“, erklärt er und geht ins Detail. „Wir er stellen Onlineumfragen, die meistens auf einen einzigen Satz zugespitzt sind und dann über Social-Media-Kanäle ausgespielt werden.“ Um an Daten zu kommen, geht Rath also genau dorthin, wo sich die Gen Z die meiste Zeit so herumtreibt – ins Internet.Wichtigste Regel dabei: „Je einfacher und präziser die Frage gestellt ist, umso besser ist der Rücklauf.“ Mit punktgenauen Fragen, die an die richtige Zielgruppe ausgeBeim heimischen Start-up Silana ist der Name Programm. Das Wort, das irgendwie nach Feinwaschmittel klingt, bedeutet nämlich in der Sprache der Sinti sowohl „nähen“ also auch „würdevoll“.Den Gründern Michael Hofmannrichter, Anton Wohlgemuth und Michael Mayr geht es also um eine würdevolle Produktion von Kleidung. Und das soll – wir sind im 21. Jahrhundert – ein Roboter machen.„Wir wollen den Nähprozess bei der Herstellung von Kleidung automatisieren“, erzählt Hofmannrichter. Denn im Moment sieht die Lage nämlich so aus: „Kleidung wird billig in Asien produziert, dafür nimmt man lange Wartezeiten und Mindestbestellmengen in Kauf, was wiederum einer der Gründe für Überproduktion ist. Zudem arbeiten die Näherinnen, nicht selten auch Kinder, unter schlimmsten Bedingungen.“Geht es nach der Vision des Unternehmertrios, wird in Zukunft Kleidung vollautomatisch in Europa hergestellt. „Die Regionalproduktion in Europa ist um sechs Prozent gewachsen, allerdings gibt es zu wenig Nähfachkräfte, und deswegen ist das Wachstum begrenzt“, erörtert Hofmannrichter. Silana hätte die Lösung. Und zwar in Form eines Roboterprototyps, der zurzeit in einer Garage im zweiten Wiener Gemeindebezirk untergebracht ist. Sechs Minuten braucht der Roboter, der ausschließlich mit Fördergeldern gebaut wurde, um ein Tanktop zu nähen. „Ziel ist es, die Zwei-Minuten-Marke zu knacken.“ Überhaupt formuliert man bei Silana Ziele präzise: „Wir wollen die Kleidungsindustrie schneller, regionaler und ökobewusster machen und sehen aber auch andere Anwendungsgebiete für unsere Maschickt werden, kann man dann schon einmal bis zu 10.000 Leute innerhalb von 24 Stunden erreichen. Mittlerweile werden täglich neue Umfragen erstellt – meistens für Medienagenturen, die so die Stimmungen bei potenzieller Kundschaft abklopfen wollen. „Zuletzt wollte etwa jemand wissen, ob ein bestimmtes Podcastthema auf Resonanz stoßen würde. Unsere Umfrage bildete dann die Basis für die Entscheidung“, wird Rath etwas konkreter und bleibt dabei auch vage zugleich.www.reeblr.com, www.datacircle.euschine“, so der 26-Jährige. So können etwa Modemacher und Designer sinnvolle Mengen zu vernünftigen Preisen vor Ort produzieren, und in einem übernächsten Schritt hat man auch Privatkunden vor Augen.Demnächst soll ein Investor einsteigen.Viel darf dazu aber nicht verraten werden, außer: „Unsere Technologie kann dazu beitragen, dass sich die Modeindustrie ändert.“ www.wearesilana.com„Alleine in Wien gibt es 40.000 Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer.“ An sie richtet sich daher auch der „Tag der Jungen Wirtschaft“, der am 17. Oktober in der Ottakringer Brauerei über die Bühne geht. Die Veranstaltung, die bis zum Vorjahr noch unter „Business Maniacs“ firmierte, ist ein Info- und Networking-Festival mit dichtem Programm, das versucht, alle Aspekte des Gründens und des Unternehmerlebens abzudecken.Dementsprechend geht es in den Panels ums Finden und Einreichen von Förderungen ebenso wie ums richtige Onlinenetzwerken, Reichweitensteigerung auf Social Media, aber auch Resilienz und mentale Gesundheit.Schmidgruber kalkuliert mit 1.000 Besucherinnen und Besuchern, die bei freiem Eintritt Informationen aus erster Hand von hochkarätigen Wirtschaftsprofis erhalten. „Jeder, der die Veranstaltung besucht, soll profitieren. Ich weiß, welch rares Gut Zeit ist, wenn man gerade gegründet hat. Daher wollen wir den Leuten etwas bieten.“Tag der Jungen Wirtschaft, Di., 17. 10., ab 9 Uhr in der Brauerei OttakringEigentlich war für Luigi Barbaro jun.nach dem Besuch der Vienna International School und einem E nach dem Besuch der Vienna International School und einem Studium in England eine Managementkarriere geplant. Aber nach Stationen als Trainee bei Novomatic und in der Marketingabteilung bei Tchibo kam es doch anders. Der 34-Jährige stieg in das Gas troImperium ein, das seine Eltern aufgebaut haben und zu dem etwa zwei Toplokale in der Wiener Innenstadt, eine Bar, ein Take-away-Lokal und ein Cateringservice gehören.„Begeistert waren meine Eltern nicht, dass ich mich letztlich für die Gastro entschieden habe. Sie wissen, wie stressig und familienunfreundlich dieser Job sein kann, und wollten etwas anderes für mich.“ Luigi Barbaro jun. ist im Familienbetrieb, der nach wie vor von seinem Vater Luigi sen. geleitet wird, für Marketing, PR und Catering zuständig. Mutter Evelyn kümmert sich um die Finanzen und der ältere Bruder Antonio leitet die beliebteste Pizzeria Wiens „Regina Margherita“.Jetzt ist die Gastronomie eine sehr anstrengende Branche – aber was tun, wenn man Unternehmergeist hat? Luigi und Antonio Barbaro gründeten im Februar ihr Start-up Fratelli Barbaro und produzieren nun Gourmet-Conveniencefür Rewe. Mit Unterstützung von Partnern wie Heinrich Prokop und Clever Clover wurde in Windeseile eine Produktlinie kreiert und gepitcht. „Wir wollten unser eigenes Biz starten, wo wir die Chefs sind und sagen, wo’s langgeht.Wo wir Fehler machen dürfen, aber auch die Lorbeeren einheimsen“, verrät Barbaro seine Gründermotivation.Die ersten Monate sind jedenfalls gut gelaufen. Aktuell hält man bei 15 Produkten, darunter Gnocchi, Saucen, Ravioli und Desserts, die in drei Betriebsstätten in Oberitalien nach Barbaro-Familienrezepturen und in enger Abstimmung mit Rewe produziert werden. So geht man sicher, dass die richtigen Produkte für die Supermarktregale produziert werden.In den wenigen Monaten seit Bestehen hat man bereits 500.000 Einheiten hergestellt. Kürzer wurden die Arbeitstage der Barbaro-Brüder dadurch naturgemäß nicht, denn von Marketing, Buchhaltung, Logistik bis hin zu Rechtsfragen macht man alles in Eigenregie: „Es ist ein 50-Stunden-Job, der zum anderen 50-Stunden-Job dazukommt.“ www.fratelli-barbaro.atTREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICHgVON M A N F R E D G R A M36TREND | 13. 10. 2023„Wer zum Goldschmied geht, will Einzigartigkeit“Mitten in der Coronapandemie machte sich Goldschmiedin Anna-Elisa Pejrimovsky selbstständig.FOTOS: BEIGESTELLT,TREND | 13. 10. 2023 37„Unsere Technologie wird die Modeindustrie ändern“Mit einem automatisierten Nähprozess will Silana dafür sorgen, dass Kleidung nachhaltig in Europa produziert wird.TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH„Fragen müssen einfach und präzise gestellt sein“Severin Rath fühlt auf Social-Media-Plattformen der Gen Z auf den Zahn und hebt so für Medienagenturen Datenschätze.38TREND | 13. 10. 2023JÜNGSTUNTERNEHMER. Severin Rath gründete mit 17 seine erste Firma. Jetzt, mit 22, hat er zwei und erforscht die Stimmungslage in der Gen Z für den Markt.GRÜNDERTEAM Michael Mayr, Anton Wohlgemut und Michael Hofmannrichter (v. l.) sind die Köpfe hinter dem Start-up Silana und wollen die Modebranche auf den Kopf stellen.„Wir wollten ein Biz, wo wir die Chefs sind!“Luigi Barbaro jun. und sein Bruder Antonio sind tief verankert im Gastro-Imperium ihrer Eltern. Mit ihrem Food-Start-up Fratelli Barbaro gehen sie aber auch eigene Wege.FOTOS: OTS/WKW/WIESER, BEIGESTELLT (2), SILANA GMBH„Es ist nicht hinzunehmen, dass man in Österreich ab 16 wählen und Alkohol kaufen, aber kein Unternehmen gründen darf.“CLEMENS SCHMIDGRUBER,OBMANN DER JUNGEN WIRTSCHAFT WIEN UND UNTERNEHMERDOLCE GRÜNDER-VITA. Luigi und Antonio Barbaro (v. l.) produzieren seit Anfang 2023 als Fratelli Barbaro Gourmet-Convenience für Rewe.TREND | 13. 10. 2023 39
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